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Geldwäsche im Immobiliensektor

Geldwäsche im Immobiliensektor

In der Drucksache 19/2449 vom 04.06.2018 wurde im Deutschen Bundestag die Thematik Geldwäsche im Immobiliensektor näher diskutiert. Im S+P Informationsblog Geldwäsche im Immobiliensektor erhalten Sie folgende News:

  • Besondere Anfälligkeit der Immobilienbranche für Geldwäsche
  • Geldwäsche-Beauftragte sind im Immobiliensektor eine Seltenheit
  • Geldwäsche im Nicht-Finanzsektor wird auf bis zu 28.000 Verdachtsfälle pro Jahr geschätzt
  • Geldumsatz bewegt sich im Immobiliensektor bei 238 Mrd. €
  • Wichtige Aussagen der Bundesregierung zu Geldwäsche im Immobiliensektor
  • Bei ca. 40 Prozent der im Immobiliensektor aktiven Geldwäsche-Gruppierungen  handelt es sich um russisch-eurasische oder italienische Strukturen.
  • Mitglieder der `Ndrangheta tätigen Investitionen insbesondere im Gastronomiebereich, in der Hotellerie und in verschiedenen Handelsbranchen in Deutschland
  • Im Jahr 2016 wurden in 147 OK-Ermittlungsverfahren Vermögenswerte in Höhe von annähernd 61 Mio. Euro durch den Staat vorläufig gesichert.
  • Aufbau einer Geldwäscheaufsicht für Nicht-Finanzunternehmen -Personelle Ausstattung ist noch lückenhaft

 

Geldwäsche im Immobiliensektor

Weitere Informationen zur 5. EU Geldwäsche-Richtlinie erhalten Sie in unserem S+P Informationsblog.

 

Geldwäsche im Immobiliensektor

Der Immobiliensektor in Deutschland boomt. In keiner anderen Stadt der Welt ziehen die Immobilienpreise schneller an als in Berlin. So das Ergebnis des kürzlich erschienenen „Global Residential Cities Index“ des Beratungsunternehmens Knight Frank. Unter den Top-10-Städten mit den höchsten Steigerungsraten finden sich neben Berlin mit Hamburg, Frankfurt und München drei weitere deutsche Großstädte (vgl. Global Residential Cities Index).

Hohe Renditen und Sicherheiten locken nicht nur Kapitalanleger weltweit, sondern sind auch attraktiv für zweifelhafte Geldgeschäfte und Investitionen durch Kriminelle.

 

Besondere Anfälligkeit der Immobilienbranche für Geldwäsche

Bereits im Jahr 2012 wies das Bundeskriminalamt (BKA) in der Studie „Geldwäsche im Immobiliensektor in Deutschland“ auf die besondere Anfälligkeit der Immobilienbranche für Geldwäsche hin: In dem zweitgrößten Wirtschaftszweig der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich riesige Geldsummen bewegt; es ist ein Leichtes, den tatsächlichen Wert einer Immobilie zu verschleiern;

Eigentümer können gut im Dickicht von Strohmännern und verschachtelten, den Globus umspannenden Firmengeflechten abtauchen. Das BKA attestierte schon damals den Akteuren im Immobiliensektor – allen voran Notaren und Immobilienmaklern – eine mangelnde Sensibilität und unzureichende Präventionsmechanismen zur Bekämpfung von Geldwäsche (vgl. BKA 2012 –Geldwäsche im Immobiliensektor in Deutschland).

 

Geldwäsche-Beauftragte sind im Immobiliensektor eine Seltenheit

Obwohl die Probleme seit Jahren bekannt sind, hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren zu wenig getan, um Geldwäsche im Immobiliensektor gezielt zu bekämpfen: Die Aufsichtsstrukturen zur Überwachung der Geldwäsche-Verpflichteten im Immobiliensektor sind im Vergleich zum Bankensektor unterbesetzt und auf Kommunen, Bezirksregierungen, Landesverwaltungsämter und Regierungspräsidien aufgesplittert; Geldwäschebeauftragte sind im Immobiliensektor eine Seltenheit und das dezentral geführte Grundbuch ist in seiner derzeitigen Form nicht dazu geeignet, hinreichend zur Bekämpfung von Geldwäsche beizutragen. Denn weder ist in Deutschland derzeit eine unkomplizierte und zentrale Identifizierung der wirtschaftlich Berechtigten – und damit der wahren Eigentümer – der Immobilien möglich noch sind die vielen sogenannten Sharedeal-Konstruktionen im Grundbuch abgebildet, in denen statt der Immobilie selbst einfach eine Eigentümergesellschaft verkauft wird.

 

Geldwäsche im Nicht-Finanzsektor wird auf bis zu 28.000 Verdachtsfälle pro Jahr geschätzt

So wundert es nicht, dass die Verdachtsmeldungen aus dem Immobiliensektor verschwindend gering und die geschätzten Dunkelziffern beträchtlich sind: Eine von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 2015 durchgeführte Dunkelfeldstudie schätzt die Dunkelziffer für Geldwäsche im Nicht-Finanzsektor auf mindestens 15 000 bis 28 000 Verdachtsfälle pro Jahr, was einem Finanzvolumen von 20 bis 30 Mrd. Euro entspricht (vgl. Bussmann und Vockrodt 2016 – Geldwäsche-Compliance im Nicht-Finanzsektor).

 

Geldumsatz bewegt sich im Immobiliensektor bei 238 Mrd. €

Der Geldumsatz von bebauten und unbebauten Grundstücken betrug nach Angaben des Arbeitskreises der Oberen Gutachterausschüsse, Zentralen Geschäftsstellen und Gutachterausschüsse (AK OGA) im Jahr 2016 237,5 Mrd. Euro. Der Umsatz verteilte sich auf Wohnimmobilien (155,7 Mrd. Euro), Wirtschaftsimmobilien (59,2 Mrd. Euro), übrige Immobilien (17,7 Mrd. Euro) und Agrar- und Forstimmobilien (4,3 Mrd. Euro).

Bei bebauten und unbebauten Wohnimmobilien wurden im Jahr 2016 laut Immobilienmarktbericht Deutschland 2017 in den sieben größten deutschen Städten mit mehr als 600 Tsd. Einwohnern (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt a.M., Stuttgart, Düsseldorf) 34,2 Mrd. Euro umgesetzt und somit ein Drittel des gesamten Teilmarktes Wohnimmobilien (AK OGA 2017, S. 33). Bei bebauten Wirtschaftsimmobilien erfolgte 2016 in den sieben größten Städten ein Geldumsatz von 20,8 Mrd. Euro und somit 37 Prozent der Umsätze von bebauten Wirtschaftsimmobilien (AK OGA 2017, S. 115).

 

https://sp-unternehmerforum.de/geldwaeschepraevention-fuer-immobilienmakler/

 

Wichtige Aussagen der Bundesregierung zu Geldwäsche im Immobiliensektor

Inwiefern sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen Umsatz und Renditemöglichkeiten in einem Wirtschaftszweig und dessen Geldwäscherisiko?

Durch die Geldwäsche soll die Herkunft inkriminierter Gelder verschleiert und sollen illegal erworbene Vermögenswerte in den legalen Wirtschaftskreislauf eingebracht werden. Dazu werden seitens der Täter Begehungsansätze gewählt, deren Entdeckungswahrscheinlichkeit gering erscheint. Ziel der Geldwäsche ist im Regelfall nicht, Gewinne zu erzielen. Nicht selten nehmen die Täter bei der Einschleusung inkriminierter Gelder in den Wirtschaftskreislauf sogar Verluste in Kauf. Folglich stehen Umsatz und Renditemöglichkeiten innerhalb eines Wirtschaftszweigs nicht in direktem Zusammenhang mit einem erhöhten Geldwäscherisiko.

 

Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über Möglichkeiten zur Verschleierung der Mittelherkunft und der Identität des wirtschaftlich Berechtigten bei Transaktionen und Investitionen im Immobiliensektor, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung hieraus?

Aufgrund der Vielzahl rechtlicher Gestaltungsoptionen für in- und ausländische juristische Personen ist die Möglichkeit zur Verschleierung von Mittelherkunft und zugehöriger Eigentumsverhältnisse im Immobiliensektor grundsätzlich als hoch zu bewerten.

Werden beispielsweise Unternehmensgeflechte, Investmentfirmen, Offshore-Gesellschaften oder Stiftungen im Rahmen von Transaktionen genutzt, ist die Ermittlung des dahinterstehenden wirtschaftlich Berechtigten erheblich erschwert.

Im Sommer 2017 wurde deshalb in Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie das Transparenzregister errichtet, das Angaben zu wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen des Privatrechts und eingetragenen Personengesellschaften enthält, und so die Möglichkeiten zur Identifikation des „tatsächlich“ wirtschaftlich Berechtigten erweitert. Seit dem 27. Dezember 2017 ist die Einsichtnahme in das Transparenzregister möglich. Der nicht zuletzt verhältnismäßig geringen Zahl an Geldwäscheverdachtsmeldungen des Nicht-Finanzsektors im Vergleich zum Finanzsektor soll mit der Neufassung des Geldwäschegesetzes (GwG) im Sommer 2017 durch weiterreichende Effektivierungsmaßnahmen begegnet werden: So soll insbesondere mit der der neu ausgerichteten Financial Intelligence Unit (FIU) verliehenen Koordinierungsfunktion gegenüber den Aufsichtsbehörden der Länder eine einheitliche Anwendung des GwG sichergestellt und Geldwäscheprävention durch gezielte Informationssteuerung gestärkt werden. Zugleich wurde die Kooperation der mit der Verhinderung, Aufdeckung und Verfolgung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen öffentlichen Stellen gestärkt und auch die Möglichkeit zur Verhängung erhöhter Bußgelder bei Verstoß gegen die Pflichten des GwG verschärft.

Darüber hinaus sieht die Änderungsrichtlinie zur 4. EU-Geldwäscherichtlinie vor, dass die Register über wirtschaftlich Berechtigte EU-weit vernetzt werden sollen. Diese Vernetzung soll 32 Monate nach Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie von den Mitgliedstaaten vollzogen sein. Dies soll einen grenzüberschreitenden Zugang zu Informationen über wirtschaftlich Berechtigte ermöglichen. In Zusammenschau mit dem jeweiligen Grundbuch eines Mitgliedstaats, soweit ein solches Grundbuch dort vorhanden ist, wird sich dann voraussichtlich auch eine erhöhte Transparenz zu wirtschaftlich Berechtigten an Immobilien ergeben. Das gilt vor allem für grenzüberschreitende Sachverhalte. Deutschland wird die Richtlinienvorgaben entsprechend umsetzen.

Zudem wird der Zugang zu den Informationen über wirtschaftlich Berechtigte den Vorgaben der Änderungsrichtlinie entsprechend öffentlich ausgestaltet werden, nur Informationen bestimmter Trusts und trustähnlicher Rechtsgestaltungen sind davon ausgenommen.

Da sich Geldwäsche unter Einbeziehung von Unternehmenskonstrukten auch aus außereuropäischen Ländern vollzieht, kommt dem internationalen Informationsaustausch eine herausragende Bedeutung zu. Deutschland hat sich zusammen mit den anderen G5-Staaten (Vereinigtes Königreich, Frankreich, Italien, Spanien) bereits am 14. April 2016 in einem Brief an die G20 gewandt und die Staaten aufgefordert, durch geeignete Maßnahmen den Datenzugang zum wirtschaftlich Berechtigten zu verbessern.

 

Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es sich beim Immobiliensektor im Hinblick auf Geldwäsche um einen Hochrisiko-Sektor handelt, und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung hieraus (Bussmann, 2015), und wenn nicht, warum nicht?

Beim Immobiliensektor handelt es sich aufgrund der dort vorhandenen hohen Transaktionsvolumina um einen Sektor mit herausgehobenem Risiko. Die in diesem Bereich regelmäßig vorhandene Wertstabilität eröffnet die Möglichkeit, insbesondere hohe Bargeldsummen zu platzieren.

 

Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Immobilieninvestitionen zum Zweck der Geldwäsche durch in- und ausländische Organisationen der Organisierten Kriminalität (OK) in Deutschland?

Aus dem Bundeslagebild „Organisierte Kriminalität (OK) des Jahres 2016 ergeben sich Erkenntnisse, wonach in den 563 erfassten OK-Verfahren des Jahres 2016 insgesamt ca. 7 Prozent der Verfahren Geldwäscheaktivitäten mittels Investitionen in Immobilien aufwiesen.

Über die Höhe der investierten Vermögenswerte liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.

Eine Differenzierung nach in- und ausländischen Organisation ist aus Erfassungsgründen generell nicht lückenlos möglich. Nur die Hälfte der erfassten OK-Verfahren gibt Auskunft über die „Kategorie der Tätergruppierung“. Diesen Daten zufolge handelte es sich bei ca. 40 Prozent der Gruppierungen um russisch-eurasische oder italienische Strukturen.

 

Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Immobilieninvestitionen zum Zweck der Geldwäsche durch die kriminelle Organisation ’Ndrangheta in Deutschland?

Im Rahmen des polizeilichen Informationsaustausches und aus Ermittlungsverfahren liegen einzelne Informationen darüber vor, dass mutmaßliche Mitglieder der `Ndrangheta, zum Teil nach Aufforderung durch Führungsmitglieder, Investitionen insbesondere im Gastronomiebereich, in der Hotellerie und in verschiedenen Handelsbranchen in Deutschland getätigt haben.

Ein Gesamtüberblick über die Aktivitäten und mutmaßlichen Investitionen in Immobilien in Deutschland durch die `Ndrangheta liegen der Bundesregierung nicht vor.

 

In welcher Höhe wurde 2017 Vermögen in Folge von OK-Ermittlungsverfahren vorläufig gesichert?

Im Jahr 2016 wurden in 147 OK-Ermittlungsverfahren Vermögenswerte in Höhe von annähernd 61 Mio. Euro durch den Staat vorläufig gesichert.

 

Aufbau einer Geldwäscheaufsicht für Nicht-Finanzunternehmen

Die Geldwäscheaufsicht für Nicht-Finanzunternehmen obliegt den Ländern. Bis 2017 werden dort lediglich 139 Mitarbeiter mit der Geldwäscheaufsicht betraut. Die personelle Ausstattung stellt sich je Bundesland wie folgt dar.

Geldwäsche im Immobiliensektor

 

Im Jahr 2017 wurden 419 Maßnahmen gegen Nicht-Finanzunternehmen ergriffen, bei denen die Aufsichtsbehörde eine Pflichtverletzung nach dem GwG festgestellt hat.

Geldwäsche im Immobiliensektor

Die Bußgelder bewegen sich dabei zwischen 300,– € und in der Spitze bei etwa 29.000,– €.

 

BKA Fachstudie Geldwäsche im Immobiliensektor

Weitere Informationen zu Geldwäsche im Immobiliensektor erhalten Sie mit der BKA-Fachstudie aus dem Jahr 2012.

Geldwäsche im Immobiliensektor