Zeitpunkt der Identifizierung – § 11 Abs. 1 und 2 GwG – BaFin-Auslegung & Praxis-Tipps
Zeitpunkt der Identifizierung GwG – Die BaFin hat in ihren Auslegungs- und Anwendungshinweisen (AuA) zum neuen Geldwäschegesetz (GwG) präzisiert, wann eine Identifizierung verpflichtend ist und welche Ausnahmen gelten. Dieser Beitrag zeigt dir, wie § 11 Abs. 1 und 2 GwG in der Praxis anzuwenden ist – inkl. Übersichtstabelle und Handlungsempfehlungen.
1. Grundsatz: Identifizierung vor Beginn der Geschäftsbeziehung
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 GwG ist die Identifizierung der in der Norm genannten Personen grundsätzlich vor Begründung oder Durchführung der Geschäftsbeziehung bzw. Transaktion vorzunehmen.
Das heißt:
Die Identifizierung muss abgeschlossen sein, bevor der Vertragspartner eine Verfügungsmöglichkeit über Vermögenswerte erhält, z. B.:
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Barabhebungen
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Überweisungen an Dritte oder auf eigene Konten bei anderen Instituten
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sonstige Vermögensabflüsse
2. Ausnahmen bei geringem Risiko
§ 11 Abs. 1 Satz 2 GwG erlaubt in Ausnahmefällen, die Identifizierung während der Begründung der Geschäftsbeziehung abzuschließen, wenn:
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dies notwendig ist, um den normalen Geschäftsverlauf nicht zu unterbrechen, und
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ein nur geringes Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung (§ 14 GwG) besteht.
Für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute gilt zusätzlich eine Ausnahme bei der Eröffnung eines Kontos oder Depots (§ 25j KWG).
3. Definition „geringes Risiko“ – enge Auslegung
Das Vorliegen eines geringen Risikos ist risikoorientiert im Einzelfall zu beurteilen.
Wichtig: Da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, ist sie eng auszulegen.
4. Frühere Identifizierung – erneute Prüfung vermeiden
Gemäß § 11 Abs. 3 GwG kann auf eine erneute Identifizierung verzichtet werden, wenn:
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die Person bereits früher im Rahmen der Kundensorgfaltspflichten identifiziert wurde,
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die erhobenen Angaben aufgezeichnet sind und
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keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.
In diesem Fall sind gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 GwG nur der Name und der Hinweis auf die frühere Identifizierung zu dokumentieren.
5. Übersichtstabelle – Zeitpunkt der Identifizierung GwG
Situation / Geschäftsfall | Zeitpunkt der Identifizierung | Ausnahmen / Hinweise | Rechtsgrundlage |
---|---|---|---|
Neue Geschäftsbeziehung | Vor Begründung der Geschäftsbeziehung | Ausnahmsweise während der Begründung, wenn sonst Unterbrechung des Ablaufs und geringes Risiko | § 11 Abs. 1 S. 1–2 GwG |
Einzeltransaktion ohne laufende Beziehung | Vor Durchführung der Transaktion | — | § 11 Abs. 1 GwG |
Frühere Identifizierung vorhanden | Keine erneute Identifizierung erforderlich | Nur, wenn keine Zweifel bestehen; Name & Hinweis dokumentieren | § 11 Abs. 3 GwG; § 8 Abs. 2 S. 4 GwG |
Konto- oder Depoteröffnung (KI/FinDI) | Vor Nutzung | Sonderregelung gem. § 25j KWG | § 25j KWG |
Geringes Risiko | Einzelfallbezogene, risikoorientierte Beurteilung | Eng auszulegen; nur zur Vermeidung von Unterbrechungen | § 11 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 14 GwG |
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