WpI MaRisk BTO 1 – Organisation des Handels effizient, risikobewusst & prüfungssicher gestalten
BTO 1 regelt, wie der Wertpapierhandel organisatorisch aufgestellt sein muss, um Interessenkonflikte zu vermeiden und Marktmissbrauch zu verhindern.
Für kleine Wertpapierinstitute gilt: klare Rollen, einfache Abläufe, lückenlose Dokumentation.
Mittlere Institute müssen stärker formalisieren, getrennte Funktionen vorhalten und umfangreichere Kontrollen einbauen.
1. Zielsetzung der BaFin bei BTO 1
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Integrität und Transparenz im Handel sicherstellen
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Trennung von Handel, Abwicklung und Kontrolle
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Vermeidung von Marktmissbrauch und Interessenkonflikten
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Proportionalität: Umsetzung passend zur Größe und zum Handelsvolumen
2. Kleine vs. mittlere Institute – die Kernunterschiede
Kriterium | Kleine Wertpapierinstitute | Mittlere Wertpapierinstitute |
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Funktionstrennung | Handel und Abwicklung können in Personalunion erfolgen, wenn Risiko gering ist – mit dokumentierter Begründung | Strikte Trennung von Handel, Abwicklung und Kontrolle |
Handelsrichtlinie | Kurzes Dokument (5–10 Seiten) mit Handelsgrundsätzen, Zulässigkeiten, Genehmigungswegen | Detailliertes Handels- und Kontrollhandbuch inkl. Produktlisten, Limits, Eskalationswegen |
Order- und Ausführungsdokumentation | Einfache elektronische oder manuelle Orderlisten | Vollständige Erfassung in Handelssystemen mit Zeitstempeln |
Kontrollen | Stichprobenartige Kontrolle durch Geschäftsleitung | Tägliche Kontrollen durch unabhängige Kontrollfunktion |
Compliance-Einbindung | Grundlegende Prüfung neuer Produkte/Handelsstrategien | Formale Produktfreigabeprozesse und kontinuierliches Monitoring |
Marktmissbrauchsprävention | Basis-Checklisten, Schulungen 1× jährlich | Ausführliche Schulungskonzepte, Echtzeitüberwachung relevanter Märkte |
3. Schritt-für-Schritt-Umsetzung für kleine Institute
Schritt 1 – Handelsgrundsätze definieren
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Welche Produkte gehandelt werden dürfen
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Wer Handelsentscheidungen treffen darf
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Genehmigungswege und Limits festlegen
Schritt 2 – Rollen und Verantwortlichkeiten festlegen
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Handelsverantwortlicher (i. d. R. Geschäftsleitung oder Portfoliomanager)
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Kontrollinstanz (z. B. Compliance Officer oder zweite Geschäftsleitung)
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Bei Personalunion → Risikobegründung dokumentieren
Schritt 3 – Dokumentationspflichten sicherstellen
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Jede Order mit Datum, Uhrzeit, Produkt, Volumen, Preis, Handelsplatz
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Begründung bei Abweichung von Standardprozessen
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Aufbewahrungspflicht nach WpHG und MaRisk
Schritt 4 – Kontrollen etablieren
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1× wöchentliche oder monatliche Stichprobe durch Geschäftsleitung
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Protokoll mit Unterschrift
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Festhalten von Auffälligkeiten und Maßnahmen
Schritt 5 – Schulung & Awareness
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1× jährlich zu Insiderrecht, MarktmissbrauchsVO, Interessenkonflikten
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Kurze Fallbeispiele im eigenen Handelskontext
4. Umsetzung für mittlere Institute – die erweiterten Anforderungen
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Strikte Funktionstrennung zwischen Handel, Abwicklung, Kontrolle
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Orderüberwachung in Echtzeit (z. B. Systeme mit Pre-Trade-Checks)
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Limit- und Stop-Loss-Systeme verbindlich implementieren
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Produktfreigabeverfahren mit Risikoprüfung und Compliance-Genehmigung
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Tägliche unabhängige Handelsüberwachung inkl. Marktmissbrauchsanalyse
5. Typische Fehler – und wie Du sie vermeidest
❌ Keine schriftliche Handelsrichtlinie → Vorgaben nur „mündlich“ bekannt
❌ Fehlende Orderdokumentation → Verstöße gegen WpHG-Aufbewahrungspflichten
❌ Unklare Eskalationswege → Verzögerte Reaktionen bei Auffälligkeiten
❌ Übernahme von Handels- und Kontrollfunktion ohne Risikoanalyse → Verletzung der MaRisk-Proportionalität
6. Schnittstellen zu anderen MaRisk-Bereichen
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AT 4.4 → Funktionstrennung als zentrales Kontrollprinzip
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BTO 1.2.2 → Abwicklungsprozesse hängen direkt von der Handelsorganisation ab
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AT 7.3 → Notfallplan muss auch den Handel berücksichtigen
7. Praxis-Tipp für kleine Institute
💡 Handelsrichtlinie als „lebendes Dokument“:
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Nicht als statisches Regelwerk sehen – regelmäßig bei Produkt- oder Marktänderungen anpassen
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Änderungen dokumentieren und im Team kurz vorstellen
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Sofort archivieren, um BaFin-Nachweispflicht zu erfüllen
8. Fazit
BTO 1 verlangt klare Strukturen, saubere Dokumentation und wirksame Kontrollen.
Für kleine Institute gilt: Einfach, aber vollständig – lieber kurze, verständliche Handelsrichtlinien als komplexe Prozesse, die niemand anwendet.
Für mittlere Institute sind strikte Funktionstrennungen und systemgestützte Überwachung Pflicht.