Prüfung von Sanktionen: Der ultimative Leitfaden für Unternehmen 2026
Warum die Prüfung von Sanktionen für Unternehmen entscheidend ist
Sanktionen und Embargos sind kein Randthema mehr, sondern gehören heute zu den zentralen Compliance-Pflichten für jedes Finanzinstitut, Industrieunternehmen oder international tätige Handelsunternehmen. Verstöße können zu hohen Strafen, Imageschäden und sogar zu Haftstrafen für Verantwortliche führen.
Wenn Sie im Finanz- oder Industriebereich tätig sind, müssen Sie nicht nur wissen, welche Sanktionen gelten, sondern auch, wie Sie ein effizientes Prüf- und Dokumentationssystem implementieren. Dabei geht es nicht allein um Geschäfte mit sanktionierten Staaten, sondern auch um Transaktionen mit Drittländern sowie mit Personen und Organisationen, die auf internationalen Sanktionslisten geführt werden.
In diesem Leitfaden erfahren Sie Schritt für Schritt, wie Sie Sanktionsprüfungen korrekt umsetzen, Treffer professionell behandeln, welche rechtlichen Grundlagen relevant sind und wie Sie sich vor Sanktionen schützen.
Prüfung von Sanktionen – Zentrale Erkenntnisse
| Kernbereich | Bedeutung für Unternehmen | Empfohlene Maßnahme |
|---|---|---|
| Sanktionslisten-Screening | Verhindert Geschäfte mit sanktionierten Personen, Organisationen und Staaten | Regelmäßige Prüfungen (EU-FSD, FiSaLis, EU Sanctions Map) und Dokumentation |
| Hit-Handling | Korrekte Behandlung von Treffern schützt vor Rechts- und Haftungsrisiken | Ident-Abgleich, Belege anfordern, Eskalation an BAFA/Bundesbank, saubere Dokumentation |
| Erfüllungsverbote & Altvertragsklauseln | Schützen vor Schadenersatzansprüchen und sichern Altverträge ab | Vertragliche Grundlagen prüfen, Zeitpunkte und Rechtsgrundlagen dokumentieren |
| Rechtliche Folgen (AWG/AWV) | Verstöße führen zu hohen Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis 10 Jahre | Striktes Compliance-Management, kontinuierliche Kontrollen und Reporting |
| Länderrisiken | Erhöhtes Risiko bei Transaktionen mit Hochrisikostaaten | Berücksichtigung von EU-Liste, FATF-Call for Action, Basel AML Index |
| IT-gestütztes Monitoring | Automatisierung reduziert Fehler und sorgt für Echtzeitkontrolle | Screening-Systeme einsetzen, Konten/Vermögenswerte bei Neulistungen sofort sperren |
| Reporting & Dokumentation | Nachvollziehbarkeit gegenüber Aufsicht und interner Revision | Audit-Trails, Case-IDs, Logs, Vier-Augen-Freigaben, Lessons Learned |
| Business Continuity | Sichert Handlungsfähigkeit trotz Sanktionsfällen | Recovery-Ziele definieren, Krisenübungen durchführen, Prozesse regelmäßig testen |
1. Grundlagen der Sanktionsprüfung
Bevor Sie ins Detail gehen, sollten Sie die Grundlogik von Sanktionen kennen. Sanktionen dienen dazu, politischen oder wirtschaftlichen Druck auf Staaten, Organisationen oder Einzelpersonen auszuüben. Sie können betreffen:
-
Finanztransaktionen (z. B. Konten einfrieren, Zahlungen stoppen)
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Handel mit Gütern (z. B. Waffenembargos, Dual-Use-Güter)
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Dienstleistungen (z. B. Beratungsverbote für bestimmte Branchen oder Länder)
👉 Für Sie als Unternehmen heißt das:
Sie müssen sicherstellen, dass keine Geschäfte mit sanktionierten Parteien stattfinden – und dass Sie präventiv prüfen.
2. Finanzsanktionen und Quellen für Ihre Prüfungen
Die wichtigste Maßnahme ist die regelmäßige und lückenlose Prüfung von Sanktionslisten. Hier sind die zentralen Quellen:
-
EU – Consolidated Financial Sanctions List (FSD)
-
FiSaLis (NRW)
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EU Sanctions Map
-
Zoll- und FIU-Updates
⚠️ Wichtig: Rechtlich verbindlich sind nur die Texte im Amtsblatt der EU und Bundesanzeiger.
Best Practice:
Dokumentieren Sie jede Abfrage mit Screenshot, Timestamp und Verantwortlichem.
3. Treffer richtig behandeln (Hit-Handling)
Ein Treffer bedeutet nicht automatisch, dass Sie ein Geschäft stoppen müssen. Entscheidend ist ein strukturiertes Vorgehen:
-
Identität abgleichen: Neben dem Namen unbedingt Geburtsdatum, Geburtsort, Aliasnamen und Funktionen prüfen.
-
Belege anfordern: Falls Zweifel bestehen, solltest du weitere Dokumente wie Ausweiskopien oder Handelsregisterauszüge einfordern.
-
Eskalation:
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Bei Güterlieferungen → BAFA (ELAN-K2) kontaktieren.
-
Bei Zahlungen → Deutsche Bundesbank, Servicezentrum Finanzsanktionen einschalten.
-
-
Ergebnis dokumentieren: Hinterlegen Sie Ihre Entscheidungsgrundlage nachvollziehbar.
👉 So stellen Sie sicher, dass Ihre Entscheidungen revisionssicher sind.
4. Erfüllungsverbote und Altvertragsklauseln
Erfüllungsverbote schützen Sie vor Schadenersatzklagen, wenn ein Geschäft aufgrund eines Embargos nicht mehr erfüllt werden kann.
Altvertragsklauseln erlauben die Abwicklung bestehender Verträge – aber nur bis zu einem bestimmten Stichtag.
👉 Prüfen und dokumentieren Sie Rechtsgrundlage, Zeitpunkt und Klauselinhalt.
5. Sanktionen bei Verstößen: Rechtliche Folgen (AWG/AWV)
Die Sanktionen im Falle von Verstößen sind massiv:
-
§ 17 Abs. 1 AWG / § 80 AWV: Vorsätzlicher Verstoß → Freiheitsstrafe 1–10 Jahre (z. B. bei Waffenembargos).
-
§ 17 Abs. 5 AWG: Leichtfertiger Verstoß → Freiheitsstrafe bis 3 Jahre oder Geldstrafe.
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§ 18 Abs. 1 AWG: Verstöße gegen EU-Sanktionsakte → Freiheitsstrafe bis 5 Jahre.
-
§ 19 AWG i. V. m. §§ 81, 82 AWV: Ordnungswidrigkeiten → Geldbußen bis 500.000 €.
Auch Beihilfe oder Anstiftung (§§ 26 ff. StGB) kann strafbar sein.
👉 Das zeigt: Non-Compliance ist kein Kavaliersdelikt.
6. Weitere Rechtsrahmen im Blick
Neben klassischen Sanktionen sollten Sie berücksichtigen:
-
EG-Dual-Use-Verordnung
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Außenwirtschaftsgesetz (AWG)
-
Außenwirtschaftsverordnung (AWV)
-
Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG)
BAFA bietet hilfreiche Auslegungen, z. B. das Handbuch der Exportkontrolle (HADDEX).
7. Länderrisiken & Screening-Anforderungen
Nelevante Quellen:
-
EU-Liste der Hochrisiko-Drittländer
-
FATF Call for Action
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Nationale Risikoanalyse (Anlage 4)
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Basel AML Index
Setzen Sie zusätzlich IT-basiertes Screening ein:
-
Echtzeitüberwachung
-
Sperren bei Neulistungen
-
Einfrieren von Vermögenswerten
👉 Ohne Automatisierung ist das kaum machbar.
8. Praktisches Vorgehen – Hit-Handling-Workflow
Hit-Handling-Workflow – Prüfung von Sanktionen
| Schritt | Aktion | Zuständig | Entscheidungsgrundlage | Nachweis / Dokumentation |
|---|---|---|---|---|
| 1. Screening | Tooltreffer inkl. Timestamp | Compliance / AML | Monitoring-Protokoll | Screenshot, Logfile |
| 2. Ident-Abgleich | Name + DOB/Ort/Alias prüfen | Compliance | Rechtsakt-Anhang | Checkliste Ident-Merkmale |
| 3. Belege | Unterlagen anfordern | Frontoffice + Compliance | KYC-Dokumente | Dokumentenablage |
| 4. Eskalation | BAFA (ELAN-K2) / Bundesbank | Compliance | Empfängeranfrage | Ticket, Antwort |
| 5. Entscheidung | Freigabe / Sperre / Freeze | Compliance + Management | AWG/AWV, Altvertrag | Decision Note |
| 6. Reporting | Dokumentation & Meldung | Compliance | Meldevorgaben | Audit-Trail |
| 7. Follow-up | Monitoring, Lessons Learned | Compliance / Revision | KPIs, Policy-Update | Review-Protokoll |
Kritische IT-Prozesse sind kein Randthema, sondern der Kern der Finanz-Resilienz.
Wenn Sie sich heute auf die Bereiche IAM, Patch-Management, Cloud-Security, SIEM und BCM konzentrieren, erfüllen Sie nicht nur regulatorische Anforderungen, sondern sichern sich auch die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens.
Ihre To-Dos:
- IAM-System prüfen (Zero Trust?)
- Vulnerability Management automatisieren
- Cloud-Dienstleister dokumentieren
- SIEM + SOAR einsetzen
- Krisenpläne testen
- Cyber-Resilienz kulturell verankern
9. Internationale Perspektive
Sanktionen sind ein globales Thema. Hier zwei wichtige Perspektiven:
-
UK (FCA & NCSC): Finanzunternehmen müssen Resilienzberichte abgeben und realistische Penetrationstests (CBEST) durchführen.
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USA (OCC, Federal Reserve, CISA): Das NIST Cybersecurity Framework und FFIEC-Tools sind Standard. Zusätzlich erlässt die CISA verbindliche Direktiven für Schwachstellenmanagement.
👉 Im internationalen Vergleich zeigt sich: Zero Tolerance – jedes Unternehmen wird direkt in die Pflicht genommen.
10. Best Practices für Ihr Unternehmen
-
Ganzheitliches IT- und Risikomanagement
-
Regelmäßige Audits & Penetrationstests
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KI-gestützte Monitoring-Tools
-
Investitionen in Sicherheitsbudgets
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Starke Sicherheitskultur und „Tone from the Top“
11. Häufige Fehler in der Praxis
-
Nur einmalige Prüfungen statt kontinuierlichem Monitoring.
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Fehlende Dokumentation der Entscheidungslogik.
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Keine klare Eskalationsstrategie bei Treffern.
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Übermäßige False Positives, die nicht durch Optimierung reduziert werden.
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Mangelndes Top-Management-Engagement.
12. Ihr Compliance-Fahrplan
Wenn Sie Sanktionen rechtskonform umsetzen wollen, sollten Sie folgende To-Dos sofort angehen:
- Screening-Tool prüfen
- Prozesse definieren
- Dokumentation sicherstellen
- Mitarbeitende schulen
- Notfallpläne testen
- Rechtsabteilung einbinden
13. Seminar-Empfehlung: Sanktionen und Embargos – Compliance navigieren
Wenn Sie tiefer einsteigen möchten, bietet das S+P Unternehmerforum das passende Seminar:
👉 Seminar Sanktionen und Embargos – Compliance navigieren
Sie lernen u. a.:
-
Finanzsanktionen und Embargos sicher einordnen
-
Länderrisiken screenen
-
Echtzeit-Monitoring einsetzen
-
Hit-Handling professionell dokumentieren
-
Altvertragsklauseln korrekt anwenden
Mit der S+P Tool Box und Zertifikat stärken Sie Ihre Rolle als Compliance-Expertin oder -Experte.
Fazit
Die Prüfung von Sanktionen ist nicht nur Pflicht, sondern eine strategische Aufgabe.
Wer heute in automatisierte Screening-Prozesse, klare Dokumentation und internationale Best Practices investiert, senkt Risiken erheblich – und stärkt das Vertrauen von Geschäftspartnern, Investoren und Aufsichtsbehörden.
FAQ: Prüfung von Sanktionen
-
Warum ist die Prüfung von Sanktionen so wichtig?
Weil Verstöße zu hohen Bußgeldern, Freiheitsstrafen und Reputationsschäden führen können. Ein systematisches Screening schützt Ihr Unternehmen vor Risiken.
-
Welche Quellen muss ich regelmäßig prüfen?
Wichtige Quellen sind die EU-Sanktionsliste (FSD), FiSaLis, die EU Sanctions Map sowie aktuelle Zoll- und FIU-Updates. Verbindlich sind das Amtsblatt der EU und der Bundesanzeiger.
-
Wie gehe ich mit Treffern bei der Sanktionsprüfung um?
Treffer müssen über Identitätsabgleich, gegebenenfalls Belege und eine Eskalation an BAFA oder Bundesbank geprüft werden. Wichtig: Dokumentieren Sie alle Schritte vollständig und revisionssicher.
-
Welche rechtlichen Folgen drohen bei Verstößen?
Nach AWG/AWV reichen die Sanktionen von Geldbußen bis 500.000 € über Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren. Auch Beihilfe und Anstiftung sind strafbar.
-
Wie kann ich Business Continuity im Sanktionskontext sichern?
Mit klaren Prozessen für Hit-Handling, Recovery-Plänen, regelmäßigen Tests sowie umfassender Dokumentation. So bleiben Sie auch in Sanktionsfällen handlungsfähig.
Weiterführende Artikel & Quellen
-
1. Prüfung von Sanktionen: Das müssen Sie beachten
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Schlagwörter: Compliance, Sanktionen, Hit-Handling, Monitoring -
2. 13 Monitoring-Pflichten zu Embargos und Sanktionen
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Kurzbeschreibung: Übersicht über die wichtigsten Monitoring-Verpflichtungen für Unternehmen, inklusive praktischer Umsetzungstipps.
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3. 18. EU-Sanktionspaket: Energie, Banken, Schattenflotte
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Schlagwörter: EU-Sanktionen, Russland, Energie, Banken -
4. Restriktive Maßnahmen (EU) 2023/1113 mit EBA/GL/2024/14
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